Leserbrief zum Artikel Statt Strabs gibt’s jetzt höhere Steuern vom 27.06.2020:
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Straßennetz digital: Stade optimiert Instandhaltungsmanagement
Zur Verbesserung ihres Straßenerhaltungsmanagements beschreitet die Hansestadt Stade neue Wege: Eingeführt wird jetzt ein digitales System zur Zustandserfassung und -bewertung der städtischen Straßen und Wege. Auf diese Weise sollen gezielt Schäden im Straßennetz ermittelt und die Instandhaltung optimiert werden. (weiterlesen)
(Kreiszeitung Wochenblatt vom 19.05.2020)
Wiederkehrende Beiträge wird es nicht geben
Ernüchterung nach Experten-Vortrag: Stader Parteien wollen STRABS-Alternative ad acta legen
jd. Stade. “Die Verwaltung wird beauftragt, ein rechtssicheres System zur Erhebung wiederkehrender Beiträge zur Refinanzierung des Bürgeranteils an den Straßenausbaukosten zu entwickeln.” – Diesen Beschluss hat der Rat der Stadt Stade im September auf Antrag von Wählergemeinschaft und Grünen gefasst und damit das Ende der umstrittenen Straßenausbaubeitrags-Satzung (STRABS) besiegelt. (weiterlesen)
(Kreiszeitung Wochenblatt vom 19.02.2019)
Leserbrief zum Artikel “Straßenausbaubeiträge: Erleichterungen in Aussicht” vom 10.11.2018:
Stade kippt Beiträge für Straßenausbau
Hannover/Stade. Vier Stunden dauerte die Ratssitzung, dann brandete großer Beifall auf: Die Stadt Stade schafft mit sofortiger Wirkung ihre umstrittenen Straßenausbaubeiträge ab. Einstimmig votierte das Kommunalparlament am Montagabend für das Ende der entsprechenden Satzung.
Die Anlieger der Schölischer Straße jubelten und feierten danach bis tief in die Nacht. Meist fünfstellige Beträge, in drei Fällen sogar über 100 000 Euro, hätten sie für die Sanierung ihrer Straße berappen sollen. „Wir sind sehr froh, dass dieses Damokles-Schwert nicht mehr über uns schwebt“, freute sich Anwohner Hubert Hansel, der selbst mit rund 6000 Euro für das Stadtsäckel dabei gewesen wäre. (weiterlesen)
(WeserKurier vom 26.09.2018)
Ungerechtigkeiten, die die Straßenausbaubeitragssatzung mit sich bringt
Ich bin kein Jurist. Ich gebe hier nur wieder, was ich in den letzten Monaten über die Straßenausbaubeitragssatzung und ihre Rechtmäßigkeit von anderen gelernt habe. Und das ist:
Es gibt acht grundlegende Ungerechtigkeiten als Begründung für die allgemeine Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung :
1. die historische: Geschaffen unter dem Kaiser am Ende des vorletzten Jahrhunderts und in einer Situation, wo Straßen generell nicht befestigt waren, traf die Satzung nur reiche Leute. Nur Reiche konnten sich Häuser leisten. Da war sie sinnvoll, reiche Leute benutzten ihre Häuser auch für ihre Geschäfte, deshalb war es ein geldwerter Vorteil, wenn die Straße bis zum (Lager-) Haus gepflastert oder später geteert war.
Das ist seit dem zweiten Weltkrieg anders. Jetzt fangen auch die armen Leute an, Häuser zu bauen. Sie werden dazu vom Staat ausdrücklich aufgefordert, es werden Förderprogramme für den Hausbau dieser Leute aufgesetzt. Alle Parteien und alle Regierungen seit dem zweiten Weltkrieg propagieren das Eigenheim als Altersvorsorge. Die Rechtssprechung wurde dem aber nicht angepasst. Sie geht weiter davon aus, daß Hausbesitzer wohlhabend sind.
2. Die juristische: Es steht mir als Bürger nicht frei, Straßen zu benutzen, oder es nicht zu tun. Es gibt eine Straßenbenutzungspflicht. Und zwar für alle, Hausbesitzer wie auch Mieter. Für die Straße vor meinem Haus habe ich erst Erschließungskosten bezahlt und seit dem zahle ich regelmäßig Grundsteuern, die ausdrücklich dazu erhoben werden, die Infrastruktur zu erhalten. Dazu gehört es auch, verbrauchte Straßen wieder zu erneuern. Wenn die Kommunen dieses Geld in der Vergangenheit zweckentfremdet genutzt haben, so muß damit spätestens Schluß sein, wenn das Geld für die Straßensanierung gebraucht wird, also jetzt.
3. Die Abschöpfung des geldwerten Vorteils: Der Ansatz, die Straße bringe geldwerten Vorteil, den die Stadt nach der Erneuerung der Straße abschöpfen dürfe, geht noch davon aus, daß Hausbesitzer reich sind und von ihrem Haus leben. Dabei zeigt sich schon der Fehler, wenn man bedenkt, daß ein Hausbesitzer, der wirklich in seinem Haus Geld verdient, weil er dort eine Firma angesiedelt hat, die Straßenausbaubeiträge von der Steuer absetzen kann (wenn er genug Steuern bezahlt). Auch dies ein Beweis, daß die Satzung von falschen, veralteten Prämissen ausgeht. Wäre sie gerecht, müßte sie Anwohner, die kein Gewerbe angemeldet haben, von den Beiträgen ausschließen oder zumindest nur nach dem von ihnen verursachten Anteil des Schadens an der Straße belasten. Das würde den Umstand, daß heute auch gering verdienende Menschen Häuser besitzen, um ihren Lebensabend abzusichern, berücksichtigen. Junge Familien denke ich dabei immer mit.
Des weiteren zeigt das Gutachten von Prof. Niemeier, daß ein solcher Wertzuwachs auch juristisch nicht entsteht.
4. Die moralische: Die Beträge, die heutzutage durch die hohen Tiefbaukosten für den Anlieger entstehen, sind nicht zumutbar. Da wird eine Straße vier Meter tief ausgekoffert und de Aushub gilt automatisch als Sondermüll, muß entsorgt und durch neuen, frischen Boden entsorgt werden. Schon das kann man niemandem plausibel machen. Dadurch entstehen Kosten, die die Bürger nicht einsehen. Und diese Vorschriften führen zu horrenden Kosten für den Einzelnen. Einmalzahlungen in vier-, fünf- und sechsstelliger Höhe können jede Familie ruinieren. Eine Gemeinschaft, eine Stadt, eine Kommune – eine Bürgermeisterin – hat dafür zu sorgen, daß genau das nicht passiert. Daß durch „kann“-Vorschriften Bürger in den Ruin oder die Verzweiflung getrieben werden. Es gäbe zwar die Möglichkeit, das Zahlungsziel zu verlängern. Einfach in die Satzung einzusetzen und nicht nur vier Wochen Zahlungsfrist einzuräumen. Dann müßten die Bürger nicht vorher ansparen sondern hätten Zeit, auf fünf, zehn oder fünfzehn Jahre den Beitrag zu splitten. Dann würden auch nicht die vom kommunalen Abgabengesetz vorgeschriebenen 0,5 % Zinsen pro Monat fällig, die bis zum kürzlich ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofes noch üblich waren. Die anderen Ungerechtigkeiten wären damit aber nicht aus der Welt geschafft.
5. Der Aspekt „Grundgesetz“: Vor dem Gesetz sollen alle gleich sein. Eine Satzung, die nicht flächendeckend gilt, sorgt für nie wieder aufzuholende Ungerechtigkeiten. Der Hausbesitzer, der an einer Straße mit Satzung lebt, muß bezahlen und kann sich deshalb eine Sanierung seines Hauses im gleichen finanziellen Rahmen nicht mehr leisten. Direkt in der Nachbargemeinde, also im konkurrierenden Umfeld, gibt es die Satzung nicht, dort kann der Hausbesitzer den gleichen Betrag in den Erhalt seines Eigentums stecken. Genau so gilt das für Gewerbetreibende. Sie können den Nachteil im Vergleich mit der Konkurrenz direkt im Nachbarort niemals wieder aufholen. Das ist nicht gleich, das widerspricht dem Gleichheitsparagraphen, das kann nicht gerecht sein.
6. Der zweite Aspekt Grundgesetz: Laut Grundgesetz sind alle Straßen im Gemeingebrauch und deshalb sind Straßen ausdrücklich keine öffentlichen Einrichtungen im Sinne des Kommunalen Abgabengesetzes. Also bricht §6 dieses Abgabengesetzes und damit auch die Straßenausbaubeitragssatzung die Verfassung. Das allein schon sollte als Grund reichen, die Satzungen aufzuheben.
7. Der Aspekt „sozialer Frieden“ oder „Enttäuschung über die Verwaltung“: Viele Menschen leben in dem Glauben, sie hätten sich gegen alles versichert und für den Rest sei ihre Verwaltung, ihr Rathaus zuständig. Durch diese Satzung und die empfundene Ungerechtigkeit und zugleich Hilflosigkeit („Sie können ja gerne klagen, aber Sie werden nicht gewinnen“, so die Stader Bürgermeisterin) wird dem Bürger sein Vertrauen in die Verwaltung zerstört. Dies ist reines Gift für das Gemeinwohl und sollte eigentlich ganz oben auf dieser Liste stehen. Menschen, denen ihre Altersvorsorge ruiniert wird, wehren sich. Das führt zu einem rauer werdenden Ton in der Kommunikation mit der Verwaltung, den viele der Protagonisten bemängeln. Das Erstarken von Außenseiterparteien ist ein direktes Ergebnis dieses Vertrauensverlustes. Dieses zerstörte Vertrauen ist nur schwer, wenn überhaupt, wieder zurück zu gewinnen. Allein deshalb sollte jeder Verwaltung diese Straßenausbaubeitagssatzung aus der Hand genommen werden.
8. Es gibt dann noch das „Erdrosselungsverbot“. Das Erdrosselungsverbot ist ein Grundsatz im Kontext der Erhebung von öffentlich-rechtlichen Abgaben (Steuern, Gebühren, Beiträge). Das Erdrosselungsverbot besagt, daß Abgaben nur in dem Maße erhoben werden sollten/dürfen, wie sie den Abgabepflichtigen nicht “erdrosseln”. Das heißt, daß die Abgabesätze nicht so hoch sein sollten, dass sie dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit zur freien persönlichen und wirtschaftlichen Entfaltung nehmen bzw. selbige unverhältnismäßig stark einschränken. Nach meinem Verständnis trifft das auf viele Betroffene zu. Es soll zwar schon Gerichtsurteile geben, die das für die Strabs ausschließen. Aber es ist ja nie ausgeschlossen, daß andere Gerichte anders entscheiden.
Hubert Hansel, Stade